Indonesien-Information Nr. 1/2003 (Umwelt)


Harmonie aus Land und Wasser:
 

Papier aus Sumatra im deutschen Handel

Indonesisches Papier aus Tropenholz soll endlich aus dem Handel genommen werden

von Marianne Klute


Eine der größten Zellstofffabriken der Welt steht in Indonesiens Provinz Riau. Mit 2 Millionen Tonnen jährlich produziertem Zellstoff übersteigt die Kapazität der Anlage von Riau Andalan Pulp & Paper (RAPP) die von Toba Pulp Lestari, vormals Indorayon, um ein Vielfaches. RAPP gehört dem Konzern APRIL der Raja Garuda Mas Gruppe, ebenso wie die Papierfabrik Riau Andalan Kertas (RAK) mit einer Kapazität von 350.000 Tonnen Papier. APRILs offizieller Firmensitz ist Bermuda, das Hauptbüro befindet sich in Singapur. Finanziert wird APRIL durch ein internationales Bankenkonsortium, geliefert wird in alle Teile der Welt. Auch Deutschland bezieht Papier von APRIL. Wahrscheinlich lassen sich die deutschen Einkäufer von APRILs Leitspruch beruhigen: „APRIL harmoniously combines the notion of land (Asia) and water (Pacific) to communicate our commitment to protect natural resources and improve the environment and communities we touch.“ /http://www.april.com.sg; Friends of the Earth: Paper tiger, hidden dragons 2: APRIL fools. The forest destruction, social conflict and financial crisis of Asia Pacific Resources International Holdings Ltd (APRIL), and the role of financial institutions and paper merchants, February 2002 /

Das Holz für die in Riau ansässige Papierindustrie sollte eigentlich in Holzplantagen geschlagen werden. Das Management von APRIL gesteht jedoch ein, dass Plantagenholz nur 25 % der Gesamtmenge ausmacht und zu 75 % Regenwaldholz verarbeitet wird. Dass APRIL keine an die Kapazität angepasste nachhaltige Forstwirtschaft betreibt, um den Nachwuchs des erforderlichen Rohstoffes Holz zu sichern, liegt nicht nur an Versäumnissen. Die Gründe liegen tiefer: Verschuldung, Überkapazitäten, Arroganz gegenüber Mensch und Natur. Auch in den kommenden sechs Jahren werden die Plantagen nach APRILs eigenen Einschätzungen nicht ausreichen, um den Bedarf zu decken. Daher werden wertvolle Tropenbäume in den Regenwäldern gefällt und ganze Areale kahl geschlagen. Auf das Konto von APRIL gehen seit der Inbetriebnahme von RAPP im Jahre 1995 220.000 Hektar Regenwald in Riau. Weitere 250.000 Hektar (nach Angaben von APRIL: 147.000) werden dasselbe Schicksal erleiden und zu Papier verarbeitet werden. So viel Wald in erreichbarer Nähe hat Riau aber nicht mehr zu bieten, da die Papier- und Zellstoffindustrie mit ihren hohen Kapazitäten den Wald schon zum großen Teil zerstört hat. APRIL wird in „aggressiver Weise“ weiterhin Naturwälder zerstören, die Baumstämme zu Papier verarbeiten und auf den kahlen Arealen Akazien und Eukalyptus anpflanzen. Auf diesen Plantagenflächen wird sich kein Wald mehr regenerieren. Hier kann nur noch Alang-alang-Gras wachsen. Doch auch der Einschlag in Naturwäldern reicht nicht aus, die überdimensionierten Anlagen zu füllen. Der Appetit auf Holz kann nur durch den Ankauf von illegal geschlagenem Holz gestillt werden. Beobachtungen des World Wide Fund for Nature (WWF) haben den Verdacht bestätigt: auch APRIL verarbeitet illegales Holz in seiner Zellstofffabrik RAPP und in seiner Papiermühle RAK, u.a. zu Kopierpapier der Marke „Paper One“. /Informationen Robin Wood, 2002 u. 2003/

Die Zellstoffproduktion in Indonesien und insbesondere auf Sumatra ist eine ökologische Katastrophe. Wenn die Industrie ihre Produktionskapazität nicht kurzfristig drastisch drosselt und ihren Rohstoffbedarf ausschließlich mit den bisher geschaffenen Plantagen deckt, werden in zwei (!) Jahren sämtliche Tieflandwälder Sumatras verschwunden sein. Woher die riesigen Papierfabriken dann ihr Holz beziehen werden, lässt sich nur erahnen. Erinnern dann nur Industrieruinen auf kahlen Flächen die Bevölkerung daran, dass ihr Wald, ihr Land und ihr Lebensunterhalt längst in Papierkörben gelandet sind? Und wissen wir, „dass die Heimat der Elefanten Sumatras als Papier aus unseren Kopierern und Druckern quillt“? Somit sind wir als Konsumenten oder Händler mitschuldig am Verschwinden des indonesischen Regenwaldes. /http://www.wwf.de/eventticker/event_00586.html/

Indonesische und internationale Nichtregierungsorganisationen ziehen daher den Handel zur Verantwortung. Robin Wood zog im November 2002 mit Motorsägen und Transparenten („Unbeschreiblich! Papier Union verkauft Papier aus Tropenholz!“) vor das Verwaltungsgebäude des deutschen Großhändlers Papier Union in Hamburg und protestierte gegen den Verkauf von Kopierpapier aus Tropenholz. Bisher hat sich die Papier Union ihrer sozialen und ökologischen Verantwortung jedoch entzogen und Papier von APRIL noch nicht aus dem Sortiment genommen. „Wenn Papier Union etwas am Erhalt des Naturerbes der Menschheit liegt, darf der Papierhändler nicht länger die Raubbau-Produkte von Konzernen wie APRIL abnehmen,“ fordert Robin Wood /Unbeschreibliches Papier aus Tropenholz, taz, 20.11.02/ .

Papierhandel und Druckereien wurden darauf hingewiesen, dass erst die Missachtung der Menschenrechte den Weg für die Praktiken der Holz- und Papierindustrie freimacht. Die ersten in der Suharto-Ära errichteten Produktionsanlagen basierten auf ungesetzlichen Enteignungen unter Umgehung der angestammten Landrechte. Die unabhängige Prüfungsinstitution SGS stellte fest, dass die Fabrik von RAPP auf Land errichtet wurde, für das die lokale Bevölkerung Recht geltend machen kann. Doch Proteste wurden und werden von Polizei und Militär niedergeschlagen. Ein Dorfbewohner landete für drei Jahre im Gefängnis, ein anderer wurde zu Tode getreten. Eine unmissverständliche Warnung an alle, die sich den Machenschaften derer in den Weg zu stellen versuchen, die aus Indonesiens Wäldern Profit schlagen wollen, war das Los des Journalisten Abi Kusno Nachran, der von der Holzmafia auf Kalimantan mit Macheten verstümmelt wurde. Er hatte Glück. Als er beerdigt werden sollte, stellte jemand fest, dass Herr Nachran noch atmete /„Verstümmelt durch die Holzmafia“, in: Indonesien-Information Nr. 3/02/.

Noch wehrt sich der deutsche Handel, auf den Verkauf von billig angebotenem indonesischem Papier zu verzichten. Nur wenige Händler sind bereit, den Bestand auslaufen zu lassen. Papier Union gehört nicht dazu; der Großhändler versucht vielmehr, einen Keil zwischen die Umweltorganisationen zu treiben, anstatt mit Bekenntnissen und Taten sein Image zu verbessern. Aus der Analyse des WWF meint die Papier Union herauslesen zu können, dass sich APRIL tatsächlich um ökologische Verbesserungen bemühe. Mit gutem Beispiel vorausgehen könnte die Bundesregierung. Über ihren Besitz an der Deutschen Post AG könnte sie darauf hinwirken, dass die Schreibwarenkette McPaper – seit 1998 eine hundertprozentige Tochter der Deutschen Post AG – Papier von APRIL, das unter dem Markennamen „Dunia Mas“ angeboten wird, aus dem Sortiment nimmt und durch Papier aus nachhaltiger Forstwirtschaft ersetzt.

Indonesische Nichtregierungsorganisationen, die mit den Opfern der Papierindustrie zusammenarbeiten, fordern in der deutschen und europäischen Politik und Wirtschaft Verantwortliche auf, nicht mehr in die indonesische Zellstoff- und Papierindustrie zu investieren. Wir als deutsche Konsumenten sind aufgerufen, uns der Umweltzerstörung und der sozialen Folgen des Papierverbrauchs bewusst zu werden. <>
 
 

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