Indonesien-Information Nr. 1/2 2000 (Umwelt)

Business des indonesischen Militärs im Holzgewerbe

von Juliana Fischer

Obwohl die Verwicklungen des indonesischen Militärs in die Wirtschaft des Landes allgemein bekannt sind, so ist dies eins der trotz Reformasi noch existierenden Tabuthemen. In den indonesischen Medien findet sich kein Wort darüber, sicher aus der verständlichen Angst vor Repressalien. Wie sich in den gravierenden Menschenrechtsverletzungen in Ost-Timor, Aceh und Irian Jaya zeigt, steht das Militär noch weithin über dem geltenden Recht. Dies wird von diversen Parteien, vor allem aber Unternehmern, ausgenutzt, um sich bei rechtswidrigen Vorgehensweisen Rückendeckung zu verschaffen. Zwei weithin bekannte Fälle sind hierbei der Mord an der ostjavanischen Arbeiterführerin Marsinah aus dem Jahre 1993, der gerade jetzt wieder aufgerollt wird, und der Mord an dem Journalisten Udin aus Yogyakarta. In beiden Fällen wurde sehr wahrscheinlich das Militär von den durch die Opfer kritisierten Unternehmern benutzt, um die unliebsamen Personen auszuschalten. Wenn das Militär selbst sich angegriffen fühlt, verschwinden schon mal Menschenrechtsaktivisten und führende Personen aus Nichtregierungsorganisationskreisen, wie von höherer Ebene angeordnet vor 2 Jahren im größeren Maßstab geschehen. Welcher Journalist oder Herausgeber würde es deshalb auf sich nehmen, das Wohl von sich und seiner Familie durch die Aufdeckung der Militärmachenschaften zu gefährden? Das Gespräch über Menschenrechte, auch durch den internationalen Druck, ist mittlerweile öffentlich möglich. An die Pfründe des Militärs wagt sich jedoch bisher noch keiner heran.

Dennoch ist klar, wie auch in einem Artikel der Asiaweek vom 5.2.99 geschildert, dass das Militär überall seine Finger drin hat, nicht als Unternehmer, sondern als rent-seeker. Es lässt sich also seine Dienste zum Schutze von illegalen Aktivitäten gut bezahlen. Das bedeutet auch, dass jede Militäreinheit in den jeweiligen Stationierungsgebieten ihre Pfründe hat (und sicher zu ihrer Verteidigung bereit ist).

Ein gravierendes Beispiel hier ist der illegale Holzeinschlag. Ich selbst hatte bei einem Forschungsaufenthalt auf Sumatra die Möglichkeit, mir ein Bild davon zu machen. In drei von vier besuchten Bezirken (d.h. 12 von 16 der insgesamt besuchten Dörfer) stammte das Haupteinkommen der Dörfler aus dem illegalen Holzeinschlag. Die Bauern eines Dorfes schlossen sich dafür in Gruppen zusammen, und wurden von Personen außerhalb des Dorfes angeheuert und ihren Einsatzgebieten zugewiesen. Diese waren oft weit entfernt, bis in die angrenzenden Provinzen hinein. Nun ist ja illegaler Holzeinschlag strafbar, und auch bei der geringen Polizeidichte Indonesiens befinden sich an allen Hauptverkehrswegen Polizei- und Militärposten, denen es doch, gerade auch bei dem geringen Verkehrsaufkommen, auffallen müsste, wenn in großem Maßstab Holz abtransportiert wird. Die direkten Beziehungen zwischen illegalem Holzeinschlag und den vor Ort stationierten Sicherheitskräften wurden mir von einem in der besuchten Region ansässigen Informanten bestätigt. Dessen Vater war früher Soldat, und auch der habe sich an dem florierenden illegalen Holzeinschlag beteiligt. Lokale Zwischenhändler, die die Bauern anheuern, arbeiten dabei mit dem Militär zusammen. Das Militär bietet Schutz gegen die Entrichtung von Tantiemen. Oder initiiert es gar selbst die Einschlagsaktivitäten?

Beim Interview mit lokalen Händlern wurde auch erwähnt, dass beim Abtransport anderer Waldprodukte (z.B. bestimmte Latexe, d.h. koagulierte Milchsäfte von Regenwaldbäumen), deren Sammlung eigentlich ein Genehmigungsschreiben bedürfte, die Kleintransporter an den Militär- oder Polizeiposten angehalten werden und dort erst nach der Entrichtung ihres Obolus weiterfahren dürfen. Vielleicht rührt daher die Regelung, dass an lokalen Militärposten nur im Schritttempo vorbeigefahren werden darf - bei Verstößen drohen Repressalien wie die Verdammung zu Liegestützen, etc...

Nun hat der illegale Holzeinschlag unter dem Schutz des Militärs gravierende Folgen für die Umwelt des Landes. Gerade durch die Wirtschaftskrise in den vergangenen Jahren hat sich leider auch die Intensität davon noch gesteigert. Bis zum Juli 1999 wurde der durch illegalen Holzeinschlag zerstörte Wald allein innerhalb von Konzessionsgebieten mit 16,57 Mio. Hektar angegeben. Hierbei sind die durch Waldbrände zerstörten Flächen noch nicht eingeschlossen. Insgesamt gibt es in Indonesien z.Zt. um die 500 Holzeinschlagskonzessionen, auf einer Gesamtfläche von 52 Mio. Hektar. Besonders nach der Umverteilung der Holzeinschlagskonzessionen im Rahmen der Regierungsregelung PP No. 6/1999 über Holzunternehmen sei es zu massiven Übergriffen durch die ansässige lokale Bevölkerung gekommen. Die Bevölkerung glaube, das Recht zu haben auch etwas von den umverteilten Waldflächen abzubekommen. Dazu im Widerspruch steht die Tatsache, dass der illegale Einschlag jedoch gut organisiert ist und von "bestimmten Personen" unterstützt wird. Der Anthropologe Dr. Amri Mazali von der Universitas Indonesia sagte dazu, dass es schwierig sei, dagegen vorzugehen, da die Täter dem Staatsapparat entstammten.

Der Minister für Waldbau und Plantagen, Nurmahmudi Ismail sagte am 1. Februar 2000, dass die Verstöße gegen existierende Waldnutzungsbestimmungen immer komplexer würden, und gegen viele nicht rechtlich vorgegangen würde (Holzdiebstahl aus Schutzgebieten, illegaler Einschlag/Flächenumwandlung, Jagd und Fang von geschützten Tieren, Schmuggel von Waldprodukten, Waldbrände). Die Verstöße würden im Rahmen der ökonomischen Schwierigkeiten des Landes weiterhin zunehmen. Diese Aussage bedeutet doch anscheinend, dass selbst der zuständige Minister sich nicht in der Lage sieht, hier einmal ordentlich durchzugreifen. Der Minister forderte deshalb alle Einrichtungen der Forst- und Plantagenwirtschaft, insbesondere natürlich die Forstpolizei und die zivile staatliche Untersuchungsabteilung der Forstbehörde auf, ihre Fähigkeit sowie ihre Unabhängigkeit in den Sicherheitsmaßnahmen und dem rechtlichen Vorgehen im Forstwesen zu verbessern. Dafür wurden auch während der Monate Februar und März 2000 Trainingsmaßnahmen in 20 Provinzen des Landes durchgeführt.

Die offizielle Unterstützung, die der illegale Holzeinschlag in Indonesien erhält, zeigt sich auch darin, dass das illegal eingeschlagene Holz mit "offiziellen" Papieren versehen wird und damit auf den indonesischen Markt gelangen kann. Nur selten kommt es zu Berichten über das Abfangen von Schiffsladungen, z.B. aus Kalimantan, aufgrund der Überprüfung der Papiere. Somit entspringt rein statistisch viel mehr Holz den indonesischen Weiterverarbeitungsanlagen als von den offiziellen Einschlagszahlen her möglich. Zahlen des Indonesia-UK Tropical Forest Management Program besagen, dass die insgesamte Verarbeitungskapazität der Sperrholz-, Schnittholz-, Pulp- und Papier-Industrie sich auf 75 Mio. Kubikmeter pro Jahr beläuft. Die offiziellen Einschlagszahlen der Regierung betrugen im Laufe der vergangenen Jahre lediglich knapp 25 Mio. Kubikmeter. Das bedeutet, dass besagte Industrie die Hälfte bis 2/3 ihrer Rohmaterialien aus illegalem und wahrscheinlich auch nicht nachhaltigem Holzeinschlag bezog. Das Ministerium für Forst- und Plantagenwirtschaft bestätigte auch, dass der illegale Einschlag im Jahre 1999 30 Mio. Kubikmeter betragen habe. Die Holzmenge aus illegalem Einschlag überschreitet somit die aus legalen Konzessionen. Bei einem Wert von 100 US$ pro Kubikmeter Rundholz gingen damit dem indonesischen Staat US$ 3 Mrd. verloren, was 64 % der für das Jahr 2000 neu aufgenommenen Kredite von der CGI (Consultative Group on Indonesia = Zusammenschluss der Geberländer) entspricht.

Bisher gab die Forstpolizei an, hilflos den illegalen Abholzern gegenüberzustehen. Diese, in der Überzahl, würden gar die Patrouillen bei ihrer Entdeckung angreifen. Derart mutiges und autoritätsfeindliches Verhalten ist i.A. für Indonesien untypisch und deutet erneut auf ein starkes backing dieser Gruppen hin.

Auch die indonesischen Nationalparks bleiben nicht vom illegalen Holzeinschlag verschont. Der Tanjung Puting-Nationalpark auf Kalimantan wurde gar zu 70% durch illegalen Holzeinschlag zerstört, dem Gunung Leuser-Nationalpark im Norden Sumatras droht ein ähnliches Schicksal. Der Leiter der Environmental Investigation Agency (EIA), Dave Currey, nannte Namen einiger der beteiligten "Holzbarone": Abdul Rasyid ist z.B. der Besitzer eines Holzverarbeitungsunternehmens in Tanjung Lingga, der das im Tanjung Puting-Nationalpark illegal eingeschlagene Holz weiterverarbeitet. In Aceh soll ein gewisser Siao die im Gunung Leuser-Nationalpark tätigen illegalen Abholzer finanzieren. Currey gab im Gegensatz zu der o.g. Zahl den Preis der Rundhölzer mit US$ 600 pro Kubikmeter an. Zwei weitere Sägemühlen, die das Holz aus Tanjung Puting in der Stadt Kumai weiterverarbeiten sind die Firma Kapitan Jaya im Besitz von Kartono und die Firma Muslim Halim im Besitz von Halim, zwei Holzhändler aus Pontianak, der Hauptstadt der Provinz West-Kalimantan. Die beiden Sägemühlen arbeiten Tag und Nacht.

Der Berbak-Nationalpark, eines der größten geschützten Feuchtgebiete Südostasiens und der Nistplatz unzähliger Zugvögel, befindet sich in Jambi, Sumatra. Entlang des Batanghari-Flusses, der über die Provinzhauptstadt Jambi an dem Nationalpark vorbeifließt, befinden sich unzählige Holzsammelplätze und kleine Sägemühlen (eigene Beobachtung 1996). Fährt man per Boot in den Park hinein, sind Holzschleifspuren zu beobachten und Motorsägen zu hören. Das Fehlen der großen Bäume entlang der kleinen Wasserwege ist offensichtlich. Insgesamt sollen in dem Park 20-30 Holzfällergruppen à 8-12 Männer täglich in dem Park aktiv sein, wobei pro Monat 15.000-20.000 Kubikmeter Rundholz entnommen wird. Bisher wurden so bis zum Februar 2000 25.000-30.000 Hektar des 162.700 Hektar großen Parks zerstört.

Die Liste der durch illegalen Holzeinschlag zerstörten Nationalparks ließe sich noch lange weiterführen. Auch in den indonesischen Medien tauchen immer wieder Berichte über die Probleme der jeweiligen Schutzgebiete auf. Darin befinden sich dann Stellungnahmen der zuständigen Parkvorsteher, dass sie den in den vergangenen Jahren immer schlimmer werdenden Übergriffen hilflos gegenüberständen. Auch sie werden jedoch über die Identität der Hintermänner der illegalen Abholzungen im Bilde sein, gegen die sie aber aufgrund deren Vernetzungen nichts tun können. Wenn politisch nicht bald die nötigen Schritte eingeleitet werden, sieht die Zukunft des indonesischen Naturwaldes somit schwarz aus. <>
 

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