Demonstranten bei der Hauptversammlung in Heidelberg (plus Fotogalerie)

Rhein-Neckar-Zeitung, 11. Mai 2017

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Demonstration gegen geplantes Zementwerk im indonesischen Kendeng-Gebirge – Aufsichtsratsvorsitzender Fritz-Jürgen Heckmann: „Wir wissen, dass wir in die Natur eingreifen und wir machen das mit Augenmaß“

Von Thomas Veigel

RNZHeidelberg. Einzementierte Füße, eine singende Bauersfrau aus Indonesien und Vorwürfe wegen illegaler Baustoff-Lieferungen an Siedlungsprojekte im Westjordanland unterbrachen am Mittwoch die übliche Hauptversammlungs-Routine bei HeidelbergCement. Die Mehrheitsbeteiligung Indocement plant seit sieben Jahren eine Zementfabrik im Karstgebirge Kendeng auf Java. Dort gibt es Kalkstein, den Grundstoff für die Zementherstellung. Durch die gute wirtschaftliche Entwicklung in Indonesien ist der Hunger nach Beton groß. Von dieser Nachfrage lebt auch HeidelbergCement – in sechzig Ländern der Welt.

Der Protest gegen das geplante Werk hat Kreise gezogen, die deutsche Organisation Rettet den Regenwald und der Dachverband der kritischen Aktionäre haben der Bäuerin Gunarti am gestrigen Mittwoch einen Auftritt bei der Hauptversammlung von HeidelbergCement ermöglicht. Sie befürchtet nicht nur einen erheblichen Eingriff in die Natur ihrer Heimat, sondern eine Zerstörung ihrer Lebensgrundlagen. Dabei geht es vor allem um die Wasserversorgung der Felder, die sie bei einem Eingriff in das komplexe und fragile System der Wasserquellen gefährdet sieht. Sie forderte eine Einstellung aller Baupläne, übergab dem Vorstandsvorsitzenden Bernd Scheifele eine umfangreiche Petition und beendete ihren Auftritt mit einem a cappella vorgetragenen Lied: „Das Wasser fließt aus den Quellen wie die Tränen des Berges. Bewahrt den Berg, den Mittelpunkt unserer Welt“.

Aufsichtsratsvorsitzender Fritz-Jürgen Heckmann sagte: „Wir wissen, dass wir in die Natur eingreifen und wir machen das mit Augenmaß.“ Bernd Scheifele sagte, er wisse, dass viele Menschen vor Ort gegen das geplante Zementwerk seien. Das Projekt liege außerhalb der Karst-Schutzzone. Er weise die Behauptung zurück, dass durch das geplante Werk die Wasserversorgung gefährdet sei. Ein Kalkstein-Abbau würde nur oberhalb des Grundwassers stattfinden. Eine Versorgung des Werks sei mit Oberflächenwasser und nur in dem Umfang vorgesehen, dass die Versorgung der Bevölkerung und der Landwirtschaft in Trockenzeiten gesichert sei. Man wolle die Belange der örtlichen Bevölkerung so weit wie möglich berücksichtigen. Es sei allerdings nicht absehbar, ob und wann das Projekt realisiert werde. Es gebe Zement-Überkapazitäten in Indonesien. „Wir haben keine Pläne, mit dem Bau zu beginnen.“ Mit Indocement seien die Bedenken kritisch diskutiert worden. Außerdem werde man sich dem Recht beugen. Der oberste Gerichtshof in Indonesien habe den Bau eines Zementwerks durch ein Staatsunternehmen gestoppt.

Manfred Budzinski, Sprecher der Nahost-Kommission von Pax Christi, verlangte erneut eine sofortige Trennung von Hanson Israel wegen völkerrechtswidriger Baustoff-Lieferungen an illegale Siedlungsprojekte im besetzten Westjordanland und eine Einstellung des Betriebs von Steinbruch und Betonwerk. Bernd Scheifele sagte, dass illegale Siedlungen im Westjordanland nicht mit Baustoffen beliefert würden. Das sei die Direktive auf Management-Ebene. Er sei Anfang Juni vor Ort und werde sich die Situation vor Ort noch einmal anschauen.

Für Schlagzeilen hatte Bernd Scheifele gesorgt, als er nach dem Wahlsieg von Donald Trump eine Beteiligung von HeidelbergCement am Bau einer Mauer zu Mexico nicht ablehnte. Man habe sich um einen Auftrag nicht bemüht, sagte er gestern als Antwort auf eine Aktionärsfrage, außerdem tauche das Projekt nicht im Budget der USA auf.

Die anderen Aktionärssprecher lobten „den fleißigen Herrn Scheifele“, der trotz hoher Kosten für die Italcementi-Übernahme im vergangenen Jahr eine „unschwäbische“ Erhöhung der Dividende um 23 Prozent auf 1,60 ermöglichte. Das ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Nach Scheifeles Prognose soll der Gewinn pro Aktie bis 2019 auf 11 Euro steigen: Das würde eine Dividende von mindestens 4,40 Euro bedeuten.


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